Gleich drei Referenten hatten der FDP-Kreisverband des Burgenlandkreises und der Liberale Mittelstand Sachsen-Anhalt unter seinem Vorsitzenden Ingo Bodtke aufgeboten, um sich in einer öffentlichen Veranstaltung in Weißenfels mit der Frage auseinanderzusetzen, ob insbesondere die ostdeutschen Braunkohle-Regionen aus der Nutzung dieses Bodenschatzes aussteigen sollen. Neben dem Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau Thomas Brockmeier, der als Gast der FDP das Hauptreferat übernommen hatte, setzten sich der stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende und Kreistagskandidat Maximilian Gludau sowie der frühere Wirtschaftsminister und FDP-Ehrenvorsitzende Sachsen-Anhalts Horst Rehberger unter vielen Aspekten mit dieser für Mitteldeutschland so wichtigen Frage auseinander. Im Ergebnis stimmten sie alle überein. Ob unter ökologischen, volkswirtschaftlichen, sozialen oder auch rechtlichen Aspekten: Kein Ausstieg aus der Braunkohle.
Den Anfang machte der junge FDP-Politiker Maximilian Gludau, der sich intensiv mit den ökologischen Argumenten für einen Braunkohleausstieg beschäftigte. Er wies darauf hin, dass in klassischen Kohleländern wie China und Indien, aber auch Polen und Tschechien niemand daran denke, die Nutzung der Kohle zu beenden. Die Abschaltung der deutschen Braunkohlekraftwerke habe aber auf die weltweite CO2-Bilanz keinen relevanten Einfluss, nachdem allein in China und Indien 1600 neue Kohlekraftwerke ans Netz gingen. Die Gesamtkapazität dieser Kraftwerke betrage etwa das Fünfzigfache der deutschen Braunkohle-Kraftwerke. Unter diesen Umständen sei es unverantwortlich, wichtige Wirtschaftsregionen wie Mitteldeutschland ohne Effekt für das Weltklima zu de-industrialisieren.
Thomas Brockmeier ging in seinem Referat vor allem auf die volkswirtschaftlichen Folgen eines Ausstiegs aus der Nutzung der Braunkohle ein. Selbst wenn die Bundesregierung einen Milliardenbetrag zur Verfügung stelle, sei nicht erkennbar, welche neuen Industrien sich in Mitteldeutschland ansiedeln würden. Die viel zu hohen Energiekosten, die Folge der Politik der Bundesregierung seien, machten auch Mitteldeutschland in vieler Hinsicht für industrielle Neuansiedlungen unattraktiv. Hinzu komme, dass nach dem Ausstieg aus der Kernenergie ein Ausstieg aus der Kohleverstromung die Versorgungssicherheit massiv gefährde. Für einen Industriestandort könne dies nicht hingenommen werden.
Horst Rehberger berichtete schließlich aus seinen Erfahrungen als Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt bei industriellen Neuansiedlungen in den 90iger Jahren. Wichtigstes Argument für die Unternehmen der chemischen Industrie, aber z.B. auch für die Zuckerfabrik in Zeitz, sei neben den qualifizierten Arbeitskräften die sichere und preiswerte Versorgung mit Braunkohlenenergie gewesen. Wer aus der Braunkohle aussteige, gefährde viele Arbeitsplätze in der Industrie, aber auch im industrienahen Mittelstand.
Ein Blick ins Ruhrgebiet und Saarland zeige, dass der Verlust der preiswerten und sicheren Kohle-Energie zu einer ungebremsten industriellen Talfahrt führe. Auch im innerdeutschen Vergleich sei eine erneute De-Industrialisierung Mitteldeutschlands inakzeptabel. Während die CO2-Minderung Mitteldeutschlands seit 1990 bei 45% liege, betrage sie in dem von einem GRÜNEN-Ministerpräsidenten regierten Land Baden-Württemberg gerade mal 4,6%. Dort lehne man aber eine De-Industrialisierung entschieden ab und plädiere lieber, wie alle GRÜNEN, für eine erneute De-Industrialisierung Ostdeutschlands. Das sei unverantwortlich. Dieser Meinung waren in der lebhaften Diskussion, die vom Weißenfelser FDP-Ortvorsitzenden Eberhard Scheuer umsichtig geleitet wurde, auch die meisten Besucher.