Der bisherige Bundesvorsitzende Thomas L.Kemmerich hat sein Amt niedergelegt| Stellvertreter Andreas Keck übernimmt kommissarisch die Führung | Außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz soll schnellstmöglich Nachwahlen ermöglichen
Hier die Erklärung von Thomas L. Kemmerich im Wortlaut: „Liebe Freunde im Liberalen Mittelstand, als Bundesvorsitzender setze ich Euch zurzeit erheblicher Belastung aus und in Eurem Kreis bestehen Zweifel daran, ob ich derzeit noch der geeignete Bundesvorsitzende bin. Mich erreichen eine Reihe gleichlautender Forderungen nach meinem Rücktritt als Bundesvorsitzender des Liberalen Mittelstands e.V. Einige Mitglieder des Bundesvorstandes haben ihrerseits aus unterschiedlichen Gründen ihre Ämter im Bundesvorstand niedergelegt – auch als Zeichen des Protests. Das verstehe ich. Ich frage mich zwar, ob es klug ist, dem Druck jetzt nachzugeben und mich der Verantwortung zu entziehen, muss aber feststellen, dass ich nicht mehr im notwendigen Umfang das Vertrauen für dieses Amt geniesse. Ich erkläre deshalb hiermit meinen sofortigen Rücktritt vom Amt des Bundesvorsitzenden und rege an, dass gemäß unserer Satzung umgehend eine Bundesdelegiertenkonferenz einberufen wird. Gleichzeitig entschuldige mich für den entstandenen verbundenen Ärger und möchte noch ein paar Gedanken mit Euch teilen. Die Bilder, die auf Grund meiner Teilnahme an einer Veranstaltung in Gera entstanden sind, bedauere ich zutiefst. Im Nachhinein muss ich feststellen, dass diese Demonstration die falsche Plattform für einen öffentlichen Auftritt war. Auch hätte ich dort nicht ohne angelegten Mund-Nasenschutz dabei sein dürfen. Damit solch ein Fehler nicht wieder passiert, habe ich inzwischen Prozesse in meinem Büro nachhaltig optimiert. Jeder öffentliche Auftritt wird zukünftig noch sorgfältiger als bislang geprüft und vorbereitet. Ich muss mich damit arrangieren, jetzt viel stärker als vorher nicht mehr nur Unternehmer in der Politik zu sein sondern eine Person des öffentlichen Interesses, die die Wirkung ihres Tun und Handels genau und verantwortlich prüft. Mein Beweggrund für eine Teilnahme war, mit Bürgern ins Gespräch zu kommen über den für uns alle schwierigen Spagat zwischen Gesundheit und Geschäft, zwischen sinnvollen Einschränkungen und größtmöglicher individueller Freiheit. Liebe Freunde und Kollegen, was mich an der Sache am allermeisten ärgert, ist, dass diese Bilder mein und vermutlich unser aller Anliegen überlagern. Wir brauchen dringend die Diskussion über die Verhältnismässigkeit der Maßnahmen, über Sinn und Unsinn der einen oder anderen Vorgabe. Diese Diskussion brauchen wir jedoch abseits irgendwelcher Verschwörungstheorien oder Corona-Leugner. Viele Menschen machen sich Sorgen um ihre Gesundheit und die ihrer Liebsten und Freunde. Viele machen sich aber auch Sorgen um ihre wirtschaftliche Existenz. Beide Sorgen teile ich. Was mich umtreibt ist der Wunsch einen Beitrag zu leisten für kluge, ausgewogene und machbare Lösungen sowie der Wunsch diese den Bürgerinnen und Bürgern auch zu vermitteln und zu erklären. Viele Mittelständler und insbesondere auch Solo-Selbständige sind in großer Not. Ich stelle fest, dass viele meiner Kollegen in der Politik nur sehr eingeschränkt Zugang haben zu deren Welt. Sie verstehen den Mittelstand ganz einfach nicht. Deshalb ist unser Auftrag „Mehr Mittelstandskompetenz in die Parlemente“ zu tragen jetzt aktueller und wichtiger als zuvor. Ich werde mich weiter für mein zentrales Anliegen einsetzen: Ein verantwortlicher Umgang mit den Interessen des Mittelstands in und nach der Krise. Diesen Aspekt werde ich sogar noch betonen. Nach Corona wird die Welt anders sein als vor Corona. Wir müssen jetzt die Weichen stellen für ein Konjunkturprogramm, das die dann neu geltenden Rahmenbedingungen berücksichtigt. Hygiene und Abstandsregeln werden uns vermutlich noch länger begleiten. Globale Wertschöpfungsketten werden sich verändert neu finden. Businessmodelle werden anders funktionieren. Und vergessen wir nicht die Frage nach dem notwendigen ökologischen Umbau unserer Markwirtschaft in etwas, das man als Soziale und Ökologische Marktwirtschaft bezeichnen könnte. Vergessen wir nicht die Frage nach internationaler Wettbewerbsfähigkeit unserer digitalen Infrastruktur, unserer Forschungseinrichtungen und Hochschulen, unserer Schulen und Ausbildungsstätten, um nur wenige Stichpunkte zu nennen. Wir haben in unserem Leitantrag im Herbst viele Punkte zusammengestellt, die jetzt noch aktueller sind denn je. Ich werde ab heute nicht länger als Vorsitzender des Bundesverbands Liberaler Mittelstand e.V. handeln und sprechen, aber doch hoffentlich in seinem Interesse und selbstverständlich in seinem Geist. Beste Wünsche Euer Thomas L. Kemmerich“ Der Bundesvorstand hat seinen langjährigen Stellvertreter Andreas Keck gebeten, die Führung des Verbandes kommissarisch zu übernehmen und beschlossen, möglichst bald eine Außerordentliche Bundesdelegiertenkonferenz mit Nachwahlen abzuhalten.