5-Punkte-Plan für den hessischen Mittelstand

Unterstützung für Unternehmen während und nach der Corona-Pandemie

Der Liberale Mittelstand Hessen setzt sich für eine stärkere Unterstützung mittelständischer Unternehmen ein, die aufgrund der Corona-Pandemie mit Umsatzeinbußen zu kämpfen haben. Je nach Branche stehen einige Unternehmen sogar bereits vor der Insolvenz. Bund und Land haben Förderprogramme aufgelegt, diese sind jedoch zum Teil nicht koordiniert und gehen an der Lebenswirklichkeit der Betriebe vorbei.

Mit den nachfolgenden fünf Punkten setzen wir uns für eine konkrete Unterstützung des hessischen Mittelstandes ein, mit der die Corona-Pandemie und ihre strukturellen Spätfolgen bekämpft werden sollen.

1. Schaffung eines Talentfonds Hessen
Aufgrund der aktuellen Lage überdenken viele Betriebe die Übernahme ihrer Lehrlinge in eine Festanstellung oder das Anbieten neuer Lehrplätze. Das erfolgreiche duale Ausbildungssystem steht damit vor schweren Herausforderungen. Jungen Erwerbstätigen droht am Beginn ihrer Berufstätigkeit bereits die Arbeitslosigkeit und ihre Lebensplanung ist in Gefahr. Andererseits sind gerade der Mittelstand und das Handwerk vom Fachkräftemangel betroffen. Daher schlagen wir einen „Talentfonds Hessen“ mit einer Laufzeit von zunächst 3-5 Jahren vor, der talentierte Berufsanfänger vor dem Stigma der Arbeitslosigkeit bewahrt und andererseits Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hilft, diese Personengruppe zu beschäftigen.

Der Talentfonds Hessen soll für die betroffenen ausgelernten Berufsanfänger, die aufgrund der aktuellen Marktverwerfungen nicht übernommen werden können, für eine befristete Zeit Arbeitgeber sein. Die Administration für den Talentfonds soll über die Kammern erfolgen. Entscheidungsgrundlage für die Aufnahme von Kandidaten in den Talentfonds Hessen sollen die Beurteilungen des Lehrunternehmens, die Prüfung vor der Kammer und die Berufsschulzeugnisse sein. Der Notendurchschnitt für die Aufnahme sollte bei mindestens „befriedigend“ liegen. Die letzte Entscheidung liegt bei der jeweiligen zuständigen Kammer, die bedarfsorientiert den Fonds steuern soll und das letzte Votum über die Aufnahme eines Kandidaten hat, ein Rechtsanspruch besteht nicht.

Der Talentfonds Hessen zahlt an die aufgenommenen Berufsanfänger bei Nichtbeschäftigung das Kurzarbeitergeld. Somit ist der Berufsanfänger bessergestellt als ein Arbeitsloser. Gleichzeitig ist damit sichergestellt, dass nach entsprechender Zeit im Talentfonds noch Ansprüche auf Arbeitslosengeld bestehen, sofern eine Festanstellung nicht so schnell möglich sein sollte.

Sollte ein Mitgliedsunternehmen der jeweiligen Kammer einen Kandidaten beschäftigen, zahlt das Unternehmen den regulären Tariflohn an den Talentfonds für die Überlassung der Arbeitskraft, der das Geld an den Betroffenen weiterleitet. Der Talentfonds Hessen übernimmt dann die Kosten der Sozialabgaben. Nach spätestens 12 Monaten muss der Betrieb den Mitarbeiter fest übernehmen. Somit ist zumindest für die Krisenphase eine Zwischenlösung gegeben. Die Unternehmen können innerhalb dieser Phase feststellen, ob der Kandidat zu ihnen passt und können absehen, ob die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Festanstellung bestehen.

Sollte ein Unternehmen aufgrund dieser Regelung mehr als drei Mal Kandidaten aus dem Talentfonds vor Ablauf der Frist zurückschicken und bei der verwaltenden Kammer der Eindruck des Missbrauchs dieser Beschäftigungsmöglichkeit entstehen, verwirkt das Unternehmen Anspruch auf Kandidaten aus dem Talentfonds. Kandidaten, die mehrfach aus eigenem Wunsch das Unternehmen wechseln wollen, verlieren spätestens nach drei Wechseln der Beschäftigung den Anspruch auf Förderung durch den Talentfonds Hessen.

Der Talentfonds Hessen sollte als eine gemeinnützige juristische Person (Verein oder Stiftung) geführt werden. Die dafür erforderlichen Mittel sollten vom Land Hessen aufgebracht werden. Darüber hinaus können die Berufsverbände und Einzelunternehmen den Fonds mit Spenden unterstützen. Die Administration des Fonds sollte über die Kammern erfolgen, da diese am ehesten eine bestmögliche und bedarfsgerechte Allokation der Mittel sicherstellen können. Der Vorstand des Fonds wird von den Vorsitzenden der Kammern des Landes Hessen bestimmt.

Die Beteiligung des Landes Hessen an dem Fonds ist ausfolgenden Gründen sinnvoll:

1. Standortsicherung für Betriebe in Hessen

2. Sicherung des Fachkräfte-Potentials in Hessen

3. Honorierung der Beiträge der Unternehmen in Hessen für ihr Engagement bei der Integration von Flüchtlingen. Jetzt müssen nicht die Betriebe helfen, sondern das Land gibt den Betrieben ihre besonderen Anstrengungen im Zusammenhang mit der Integration von Flüchtlingen zurück.

2. Bessere Koordination der Hilfsprogramme
Unternehmer, die zum Erhalt ihres Betriebs auf staatliche Unterstützung zurückgreifen wollen, sind nach wie vor oftmals überfordert mit den bestehenden Hilfspaketen. Die Frage, welches der Programme sich für das Unternehmen anbietet und welche Voraussetzungen dafür jeweils gelten, muss der Unternehmer derzeit parallel zum Tagesgeschäft in Erfahrung bringen. Wir fordern daher die Einrichtung einer hessischen Koordinierungsstelle, die die Hilfsprogramme von Bund, Land und Kommunen bündelt und den Unternehmen beratend zur Verfügung steht.

3. Maßvolle Lockerung der Einschränkungen für die Gastronomie
Das Land Hessen hatte Gastronomen bisher bundesweit die schärfsten Auflagen vorgeschrieben. Die erst kürzlich gekippte 5-Quadratmeter-Regel hatte viele Gastronomen in Hessen dazu gebracht, ihre Lokale und Restaurants nach der Hochphase der Pandemie gar nicht wieder zu öffnen. Es ist wichtig und richtig, dass diese Regelung inzwischen gekippt wurde. Gleichzeitig mahnt die wirtschaftlich sehr schwierige Situation vieler hessischer Gastronomen, auch die weiteren Kontaktbeschränkungen auf den Prüfstand zu stellen. Vor allem die Unterschiede zwischen den Bundesländern, die die Wettbewerbsfähigkeit gerade hessischer Gastronomen bislang überdurchschnittlich stark eingeschränkt haben, sind aus unserer Sicht kritisch zu hinterfragen. Ein leer bleibender Tisch kann später nicht nachgeholt werden. Viele Restaurants werden im Herbst und Winter die Folgen der Umsatzeinbußen zu spüren bekommen. Jede Lockerung kann helfen, Insolvenzen zu vermeiden. Die Absenkung der Mehrwertsteuersätze auf einheitlich 7 % für gastronomische Leistungen sollte auf Drängen des Landes Hessen dauerhaft beibehalten werden. Unsinnige Vorschriften, wie keine Dekoration, Tischdecken etc. müssen dringend überprüft und ggf. aufgehoben werden. Öffnungszeiten müssen dem Gastwirt überlassen bleiben.

4. Ökologische Waldwirtschaft stärker fördern
Der hessische Wald befindet sich im Dauerstress. Stürme wie Friederike 2018, Hitzeperioden, Käferbefall – die Liste der Stressfaktoren ist lang. Die Summe an Schadholz in den hessischen Wäldern steigt kontinuierlich an, Bäume sterben in höherer Zahl ab als üblich. Wälder sind Multitalente. Sie dienen Naturschutz und Biodiversität, schützen Grundwasser und Boden, binden CO2 und sind nicht zuletzt Rückzugs- und Erholungsraum. Eine nachhaltige Waldwirtschaft versucht, diese Talente zu erhalten.

Mittel und Wege dazu bieten die Forschung und ein sukzessiver Waldumbau, etwa durch die Einführung dürreunempfindlicher, heimischer und geeigneter fremder Baumarten. Der Waldumbau, die Beseitigung von Totholz und die Bekämpfung von Schädlingen wie dem Borkenkäfer sind aufwendig und kostenintensiv. Wir setzen uns deshalb dafür ein, Waldbesitzer stärker als bisher finanziell zu unterstützen, um die wertvolle Schutzfunktion des hessischen Waldes weiterhin aufrechterhalten zu können. Wir fordern eine zusätzliche, kostendeckende Förderung der Verbringung von Käferholz auf Polterflächen und der Schädlingsbekämpfung pro Raummeter am Polter. Gleiches gilt für alle geeigneten Naturverjüngungsmaßnahmen wie pflügen im Wald. Die Mittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) sind nicht ausreichend, um dem Waldbesitzer die Arbeit attraktiv zu machen; hier steht das Land mit in der Pflicht, und zwar nicht nur für Hessenforst-Fläche, sondern für alle Waldbesitzer. Die Förderung muss unbürokratisch auf Nachweis per Foto und Karte ausgezahlt werden, denn der Wettlauf mit dem Käfer kann nur so gewonnen werden. Wir brauchen unser Nadelholz für die Bauindustrie und müssen vermeiden, von ökologisch unsinnigen Holzlieferungen aus dem Ausland abhängig zu werden.

5. Home-Office-Regeln anpassen
Die EU-Arbeitszeitrichtlinie fordert eine umfassende Erfassung der Arbeitszeiten aller Arbeitnehmer. Damit soll unter anderem die Einhaltung der gesetzlichen Pausen kontrollierbar werden. Vorteil des Home-Office ist jedoch gerade die flexiblere Arbeitszeitgestaltung, um unter anderem die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Dieser Vorteil geht verloren, wenn nach einem Arbeitsfenster am Abend die Aufgabe wegen einzuhaltender Pausen nicht am nächsten Morgen fortgesetzt werden darf.

Durch Corona wurde das Arbeiten von der heimischen Wohnung aus stark ausgeweitet. Dies brachte bereits hohe finanzielle Belastungen durch neue mobile Kommunikationsmittel wie Laptops mit sich. Mittelständische Unternehmen müssten nun zur Einhaltung der EU-Arbeitszeitregeln zusätzlich eine Vielzahl dezentraler Arbeitszeiterfassungssysteme installieren. Eine Belastung, die die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Unternehmen gefährdet.

Der Liberale Mittelstand fordert deshalb das Land Hessen auf, sich bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht für die Besonderheiten des Mittelstandes stark zu machen. Wir setzten auf Vertrauen anstatt auf Kontrolle.

5-Punkte-Plan_LMH.pdf (28,5 KiB)

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