Ernährungssicherung

Das Thema Ernährungssicherung / Ernährungssicherheit ist aktuell in den Fokus der Medien und der Öffentlichkeit gerückt. Obwohl es sich faktisch um ein Thema handelt, welches seit ca. 35 Jahren mit globalen Datenvolumina und vielen Theorien unterlegt ist. In der Öffentlichkeit stellen sich, seit dem Ausbruch des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, aufgrund der rasant gestiegenen Lebensmittelpreise, immer mehr Menschen die Frage, ob die Ernährungssicherheit in Deutschland gewährleistet ist. Welche Faktoren begünstigen eine weitere Erhöhung der Lebensmittelpreise? Welchen Beitrag kann die Landwirtschaft leisten, um diese konstant zu halten? Welche Auswirkungen haben geopolitische Auseinandersetzungen auf die Ernährungssicherheit in Deutschland? Was für Vorsorgemaßnahmen können getroffen werden, um die vier Säulen der Ernährungssicherheit zu gewährleisten? 

Ist angesichts des Überfalls Russlands auf die Ukraine und die damit verbundene kriegerische Auseinandersetzung die Ernährungssicherheit in Deutschland gefährdet, war die zentrale Fragestellung der Tagung des „Liberalen Mittelstandes Berlin“ am 4. Juli 2022.

Dazu diskutierten

Jaana Kleinschmit von Lengenfeld- Präsidentin OVID und Vorsitzende ADM Hamburg

Ingo Bodtke MdB – FDP-Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Kim-Ole Daniels – Landwirt (Ferkelproduzent)

Bernhard Krüsken -Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes

Moderiert wurde diese Veranstaltung vom Landesvorsitzenden des Liberalen Mittelstandes Berlin, Christian Grosse.

Es gibt kein Ernährungsproblem in Deutschland, darin bestand Einigkeit bei den Experten. „Wir müssen nicht hungern, wir müssen nur mehr bezahlen“, konstatierte Bernhard Krüsken. Mit dem Hinweis darauf, dass damit eine Angleichung der Lebensmittelpreise an die unserer europäischen Nachbarn stattfindet. Verbunden auch mit der Hoffnung auf einen sorgfältigeren Umgang mit Lebensmitteln in unserer Bevölkerung.

Damit war eigentlich die Kernfrage zunächst beantwortet, aber die nachfolgenden Beiträge eröffneten einen tieferen Einblick in das aus vielerlei bunten Facetten bestehende Thema der Ernährungssicherung. Interessant und sehr informativ schilderte Jaana Kleinschmitt von Lengefeld beispielhaft die Zusammenhänge von Biokraftstoffproduktion und Nahrungs-und Futtermittelversorgung. Biokraftstoffe aus Ölsaaten und Futtergetreide produzierten Koppelprodukte, wie z.B. Proteinfuttermittel, die von großer Bedeutung für die Tierhaltung und damit eben für die Versorgung mit tierischen Lebensmitteln seien. Nebenbei, so Jaana Kleinschmitt von Lengenfeld, entstünden Stoffe wie, Proteine und Lecithin für die Lebensmittelproduktion, kosmetische und medizinische Stoffe. Ebenfalls dabei gewonnenes Glycerin und Ethanol ersetze dabei fossile bzw. petrochemische Produkte, die mit dazu beitragen würden die chemische Industrie klimafreundlicher zu machen.

Herr Daniels produziert Ferkel, er ist ein „Ferkelerzeuger“. Er betreibt keine Schweinemast, sondern er verkauft seine Ferkel an einen Mastbetrieb. Der derzeitige Verkaufserlös decke seine Kosten allerdings nur zur Hälfte. Das sei das Ergebnis nationaler Vorschriften. Die Aufzuchtbedingungen in Deutschland seien erheblich kostenintensiver, als im Ausland. Die Schweinemastbetriebe bezögen somit die deutlich billigeren Ferkel von ausländischen Betrieben, deren Aufzuchtbedingungen nicht den Anforderungen an das Tierwohl erfüllen, wie es in Deutschland vorgeschrieben ist. Nachvollziehbar, dass deutsche Ferkelproduzenten überlegen aus der Ferkelproduktion auszusteigen. Verbraucherinnen und Verbraucher würden dann künftig Schweinefleisch erwerben, dass deren Anforderungen an den Tierschutz nicht erfüllt und somit indirekt dazu beitragen, dass die Schweinehaltung in Deutschland nicht mehr stattfinden kann.  

Ingo Bodtke hebt die Bedeutung landwirtschaftlicher Betriebe hervor. Betriebe, die typisch mittelständisch sind. Wie auch in anderen Branchen fehle die Rückkopplung der Politik zum Mittelstand. Bei allem Verständnis für Klimaschutz und Nachhaltigkeit könne Landwirtschaftspolitik nicht ohne die Einbeziehung der produzierenden Landwirtschaft stattfinden.

Bernhard Krüsken sieht ebenfalls, dass die berechtigten Interessen der Landwirtschaft in Deutschland von der Politik nicht ausreichend gewürdigt werden. Er fordert gemeinsame Regelungen in der Europäischen Union. Nationale Regelungen produzierten ungleiche Bedingungen und somit Wettbewerbsnachteile, die vielen landwirtschaftlichen Betrieben die Existenzgrundlage entzöge.

 Ingo Bodtke spannt den Bogen noch etwas weiter. Er zeigt die Auswirkungen der russischen Bedrohung auf die Ernährungsprobleme insbesondere in Afrika auf. Der Ausfall der Getreidelieferungen aus der Ukraine stürze Länder wie Ägypten, die 70% ihres Getreides aus der Ukraine bekommen, in große Schwierigkeiten. Es sei nicht schwer vorstellbar, dass auch weitere afrikanische Staaten in eine noch stärkere Ernährungskrise geraten, wie die bereits vorhandene. Die Folgen seien absehbar. Soziale Krisen und damit einhergehende Wanderungsbewegungen, weg vom afrikanischen Kontinent, würden verstärkt entstehen und damit Einfluss auf die Wanderungsbewegungen aus Afrika nach Europa nehmen.

Fotos: Jürgen Sendel

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