„Nicht suchen, was nicht geht, sondern Lösungen finden“

Standortpolitik Mittelstand in der Hauptstadt und Umland – Der Liberale Mittelstand Berlin diskutiert mit Dr. Manja Schreiner

„Die deutsche Hauptstadt hat keine Willkommenskultur!“ Das war der erste Einschlag von Dr. Manja Schreiner beim Wirtschaftsforum des Liberalen Mittelstandes Berlin am 24. Februar. Kaum ein Kulturliebhaber, Partygänger oder Tourist würde hier zustimmen, aber Unternehmer? Für diese Gruppe öffnen sich in Berlin die Türen nicht weit, geschweige denn Arme, noch weniger die der verantwortlichen Politiker, so Manja Schreiner. Sie ist nicht nur stellvertretende Vorsitzende der Berliner CDU, sondern hauptberuflich Hauptgeschäftsführerin der Fachgemeinschaft Bau Berlin Brandenburg und war, wie auch der zu Beginn einleitende Christian Grosse, somit eine Top-Zeugin für Wohl und Wehe einer der Kernbranchen des Mittelstandes, das Thema des Abends. Die zahlreich im Hotel Myer´s (Prenzlauer Berg) erschienen Mitglieder und Gäste des Liberalen Mittelstandes fanden es zudem reizvoll, eine Expertin der CDU zu hören.

Bürokratie: Insbesondere die Bauwirtschaft ächzt

Ein Wunder sei es, so Schreiner bei ihrem Blick auf ihre Branche, dass die Bauunternehmer trotz der politischen Widrigkeiten „noch so gut ihr Business machen“. Politik könne gerade für den Mittelstand durch einige wenige Änderungen Entscheidendes bewirken. Für kleinere und mittlere Betriebe war die Zahlungsmoral auch öffentlicher Auftraggeber beispielsweise ein heftiges Thema, die (wenn auch selbst mit Verzug in nationales Recht umgesetzte) europäische Zahlungsverzugsrichtlinie habe hier helfen können. Auch die Wiedereinführung des Meisterzwangs für eine Reihe von Tätigkeiten war laut Manja Schreiner ein wichtiger Schritt, konkret um die Qualitätsstandards des Handwerks zu schützen.

Wie schon in der Veranstaltung wenige Wochen zuvor mit Dr. Volker Wissing (siehe Bericht v. 27. Januar 2020) führte die Juristin dann anhand von Beispielen zum zermürbenden, weil viel zu zeitraubenden und zudem oft auch intransparenten Planungs -und Vergaberecht aus. Bürokratie ist bei all ihrer Berechtigung schon seit jeher für Unternehmer insbesondere in Berlin ein belastender Faktor, nehme man das Beispiel Gewerbeflächenmanagement. Wo sei die politische Kraft derzeit, hier für eine Koordinierung innerhalb der Verwaltung zu sorgen? Unternehmer und Bauplaner würden vor dieser Hürde völlig allein gelassen: „Hier geht es um ganz praktisches politisches Tageshandwerk.“

Der Berliner Senat spricht über, aber nicht mit der Wirtschaft

Was aber, so ja das Thema des Abends, sind die politischen Standortfaktoren für mittelständische Betriebe in Berlin und Brandenburg, irgendetwas muss es ja geben? Aber Fehlanzeige: „Wir müssen leider feststellen, dass es noch nicht einmal Ansätze gibt, über die wir mit dem Senat streiten könnten“. Dieser rede schlichtweg nicht mit der Wirtschaft, dafür hin und wieder über sie; bestes Beispiel der vergangenen Wochen sei der nun vor wenigen Tagen beschlossene so genannte Mietendeckel, der jetzt bereits zu einem schmerzhaft spürbaren Auftragseinbruch für die Bauwirtschaft führe. „Der Mietendeckel ist ein vergiftetes Geschenk“ und wer glaube, der Senat habe ja, auch nach sicherlich nicht wegzudiskutierenden Versäumnissen der Immobilienwirtschaft, mit gutem Willen gegen deutliche Mieterhöhungen vorgehen wollen, dabei aber quasi aus der Eile heraus etwas über das Ziel geschossen, der werde durch Literatur des Pamphlets „Das rote Berlin“ der Interventionistischen Linken eines Besseren belehrt, darin wurde schon vor drei Jahren unverhohlen eine radikale Enteignungsideologie, wortwörtlich die Abschaffung des privaten Wohnungseigentums, beschworen. Manja Schreiner empfiehlt den bürgerlichen Parteien dringend, dies offenzulegen und somit Augen zu öffnen.

Die bürgerlichen Kräfte müssen ihre PR verbessern

Überhaupt: CDU und FDP, die zu Einzelthemen gute gemeinsame Termine mit der Wirtschaft organisierten, müssten mehr in die PR-Offensive, hörbar, direkt und verbindlich. Die Hauptstadtpresse sei nun einmal nicht zimperlich, ab und zu leider auch ärgerlich verdrehend. Als die CDU vor wenigen Wochen Ende Januar ein Stadtentwicklungskonzept im Rahmen einer Wohnraumoffensive vorgestellt hatte, mit konkreten Vorschlägen zum Lückenschluss, also die städtebauliche Nutzung von Freiflächen, die es auch im Zentrum der Stadt gebe, dort, wo es geboten sei, hieß es in einer Berliner Zeitung „Die CDU will die historische Mitte zupflastern“. 300.000 neue Wohnungen bis 2035 seien möglich. In der Zwischenzeit schlägt die CDU unter anderem befristete Wohnberechtigungsscheine für diejenigen vor, die sich höher als das Gehalt steigende Mieten nicht mehr leisten könnten. In diesem Zusammenhang lobte Manja Schreiner die Wohnungsbauinitiative „Neue Wege für Berlin“, die auch vom Liberalen Mittelstand unterstützt wird.

Das sind die Betätigungsfelder für Standortpolitik

Manja Schreiner war darauf bedacht, nicht nur zu kritisieren, sondern zu zeigen, dass und bei welchen Themen sie als Landespolitikerin gemeinsam mit den Parteifreunden agiere und die Schwerpunkte sehe. Hierzu zählten Bauen und Wohnen, Bildung, Infrastruktur und Sicherheit. Dies seien die Felder, bei denen die Wirtschaft von der Politik zu Recht konkretes, schnelles Handeln erwarte.

Vor den Türen der Stadt hätten die politisch Verantwortlichen, nicht unbedingt aus dem Lager der bürgerlichen Parteien, am Beispiel Tesla in Grünheide gezeigt, wie es gehen kann: Die brandenburgischen Behörden hätten mit den Projektentwicklern „nach vorne“ mit der Devise gesprochen „ Es wird nicht gesucht, was nicht geht, sondern wie gemeinsam Lösungen gefunden werden“.

Bildung ist unser Kapital

Auch wenn die Startup-Szene Berlins mit ihren zumeist jungen, agilen Unternehmern hoffnungsvoll sei, so bleibt laut Manja Schreiner der unternehmerische Nachwuchs ein Sorgenkind und bedürfe besonderen Augenmerks. In der Schulpolitik geht es los, das sei ja hinlänglich bekannt. Es gibt wirklich beeindruckende Potentiale auch in Wissenschaft und Forschung. Politiker müssten tagtäglich dafür sorgen, dass diese auch genutzt und gewinnbringend in die Wirtschaft hineinwirken, aber siehe oben: Man möchte ja lieber nicht sprechen.

Einigen Zuhörern war zum Schluß der lebendigen Veranstaltung dann aufgefallen, dass Frau Dr. Schreiner ihre Ausführungen gar nicht zuende bringen konnte, so sehr hoben sich aus dem Publikum die Finger für Anmerkungen und Zwischenfragen bis hin zu konkreten Vorschlägen gemeinsamer Initiativen zum Beispiel bei Projekten bezüglich eines Faches Wirtschaft in der Schule.

Berlin (und Umland) sind uns allen zu kostbar, um es Verhinderungspolitikern und sozialistischen Enteignungsideologen zu überlassen, und es gibt viele gute Ideen, nicht nur das, auch konkrete Konzepte für die Verbesserung der Standortbedingungen für den Mittelstand. So lautete der Tenor zum Ende.

Ein uneingeschränkt inspirierender, gelungener Abend, war das Fazit von Landesvorsitzendem Grosse, nicht ohne den Wunsch zu äußern, man möge in Kontakt bleiben.

Dem Vortrag und der Diskussion schloss sich ein Umtrunk bei Brezeln an, in dessen Mitte auch die Referentin des Abends weitere Anregungen aufschnappen konnte.

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