Lkw-Maut ist erneuter Griff in die Kassen des Mittelstands – Klimaschutz-Argument nur vorgeschoben

Markus Kunz, Beisitzer im LIM-Landesvorstand und in der Logistikbranche tätig, kommentiert die geplante Lkw-Mauterhöhung der Bundesregierung:

Die nächste Erhöhung der Lkw-Maut steht an. Im Koalitionsvertrag vereinbart, soll sie schrittweise ab 1. Dezember 2023 umgesetzt werden. Bleibt die Gesetzesvorlage unverändert, bedeutet dies nahezu eine Verdoppelung der Abgaben. Für mittelständische Logistikfirmen und alle an den Lieferketten beteiligten Partnern wieder ein Griff in die Kassen.

Staat kassiert Maut, aber Straßen bleiben wie sie sind

Wer nun glaubt, dass dadurch über kurz oder lang Autobahnen und Bundesstraßen ausgebaut und somit Staus reduziert werden, der irrt. Schade eigentlich, immerhin werden laut einer Studie im Auftrag des Verkehrsinformationsanbieters Inrix die direkten und indirekten Kosten durch hohes Verkehrsaufkommen bis 2030 auf 33 Milliarden ansteigen. Auch sind keine zusätzlichen Investitionen in die weitere Infrastruktur geplant. Dabei fehlen entlang der Mautstrecken geschätzte 40.000 LKW-Parkplätze und Infrastruktur für die Fahrer – Tendenz steigend. Auch hier besteht keine Notwendigkeit für das Bundesverkehrsministerium, etwas zu investieren. 

Noch im April dieses Jahres berichtet FDP-Verkehrsminister Volker Wissing von einer intensiven Ausgestaltung der CO²-abhängigen Lkw-Maut. Er möchte ein Preissignal setzen, damit verstärkt auf Lkw mit alternativen Antrieben (Batterie- und Brennstoffzelle) gesetzt wird. Soweit so gut, Klimaschutz wollen wir alle. Aber in Sachen E-Lkw kommen wir hier zu keiner großen Lösung. Schwerverkehr mit Batteriebetrieb steckt in den Anfängen und ist enorm kostenintensiv. Auch Ladeinfrastruktur müsste die Logistikbranche aufbauen. Für Lkw, Bahn, Schiffe und Flugzeuge kann es nur heißen: synthetische Kraftstoffe oder Wasserstoff-Antriebe.

Die Maut zahlt jeder Unternehmer, jeder Verbraucher mit

Immer offensichtlicher wird allerdings der wahre Grund für die Maut. Nach „Strom- und Gaspreisbremse“ und „Heizungsgesetz“ muss nun bei der Lkw-Maut der Klimaschutz herhalten. Jedoch nicht, um das Klima zu schützen oder CO² einzusparen. Es geht um etwas ganz anderes, es geht ums liebe Geld. Unser Geld, Ihr Geld – denn: Wir alle, jedes Unternehmen, am Ende jeder Verbraucher muss die zusätzlichen Kosten zahlen, Spediteure oder Fuhrunternehmer können dies nicht leisten.

Am Ende werden alle Produkte teurer – auch wenn der parlamentarische Staatssekretär Michael Theurer (FDP) den Menschen erzählt, dass das Glas Nutella nur unwesentlich teurer werde, zeigt sich gleichzeitig, es wird alles teurer – selbst ein kleines Glas Nutella, von welchem Tausende in einen LKW passen.

Bereits in diesem Jahr kann das Verkehrsministerium die Gelder für die Zahlung des PKW-Maut-Desaster der CSU verwenden, da zusätzliche Mittel aufgrund des fehlenden Gesetzes noch nicht im Etat berücksichtigt waren und somit frei zur Verwendung sind.

Mehreinnahme aufgrund Mauterhöhung in diesem Jahr sind noch nicht verplant, da die Erhöhung ja noch nicht beschlossen ist – geht man von den kalkulierten 7 Milliarden Mehreinnahmen pro Jahr aus sind das im Monat ca. 583 Millionen, welche im Dezember dann „übrig“ sind und anderweitig verwendet werden können – zum Beispiel für die Entschädigungszahlung von 243 Millionen EUR an Eventim und Kapsch TrafficCom.

Die Trucker finanzieren den Laden

Auch in Zukunft wird es nicht so sein, dass die Straße die Straße finanziert – ganz im Gegenteil. Laut Handelsblatt trägt der Lkw-Verkehr durch die Maut künftig 80 % aller Verkehrsinvestitionen. Der dringend benötigte Großinvestor für die Bahn ist gefunden. Bei allem Ärger und Verdruss bleibt nun nur eins zu hoffen:

Dass die zusätzlichen Gelder auch vollumfänglich in die Bahninfrastruktur fließen und nicht für irgendwelche 9-Euro-Ticket-Hirngespinste oder sonstige Leistungen für Bahnbedienstete herhalten müssen. Nach dem aktuellen Tarifabschluss der EVG, bei dem noch anstehenden Abschluss der GDL in Zusammenhang mit der Verteilungswut der Ampel, ist dies leider nicht so abwegig und steht zu befürchten. Dies auch vor dem Hintergrund, dass mit der aktuellen Gesetzesvorlage die Einnahmen noch Jahre sprudeln werden, so viel ist sicher.

Die Lage für den Lkw-Verkehr bleibt angespannt. Verbesserungen dringend nötig

  • Im aktuellen Gesetz sind keine Vergünstigungen für HVO vorgesehen  (HVO = hydriertes Pflanzenöl, welches als Dieselalternative genutzt erhebliche Mengen CO² einsparen kann. Auch Klimadiesel genannt)
  • Die Bundesregierung hat als einziges Land in Europa bei der Ermittlung der Mautsätze einen CO² Preis von 200 EUR je Tonne und damit den maximal zulässigen Satz zugrunde gelegt
  • Das Angebot an alternativ angetriebenen Fahrzeugen ist nicht gegeben, wird frühestens 2025 / 2026 ansatzweise gegeben sein, ob diese dann auch zu vernünftigen, bezahlbaren Kosten hergestellt und verkauft werden, ist momentan nicht absehbar
  • Die Schiene ist aktuell keine Alternative, zu desolat und somit für Termingüter nicht nutzbar
  • Die im Koalitionsvertrag ausgeschlossene Doppelbesteuerung wird nach aktueller Lage nicht vermieden, sowohl der CO² Preis aus dem nationalen Emissionshandel, als auch die CO² Maut fallen an
  • Aktuell gibt es keine Vergünstigung für Bio-LNG oder Bio-CNG

Aktiv gegen die Lkw-Maut: mit Politikern reden

Noch ist nicht Dezember, noch sind die Pläne nicht umgesetzt. Es besteht ein kleines Fünkchen Hoffnung, dass im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren die Gelegenheit ergriffen wird, deutlich nachzubessern.

Der Gesetzesentwurf muss noch durch den Bundestag. Nutzen Sie Ihre Chance und Ihre Möglichkeiten: Suchen Sie das Gespräch mit den Abgeordneten vor Ort, zeigen Sie die Folgen auf, welche der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form für Ihr Umfeld hat, regen Sie an, notwendige Anpassungen vorzunehmen.

Im LIM-Landesvorstand sind wir uns einig: Wir brauchen eine Modernisierung der Straßeninfrastruktur, aber keine Mehrbelastung der (mittelständischen) Transportwirtschaft und aller Unternehmen und Endverbraucher.

Der Autor: Markus Kunz ist Beisitzer im LIM-Landesvorstand, Vorsitzender des Kreisverbandes Albtal und Logistik-Experte. Er arbeitet als Prokurist bei der LLS Team GmbH internationale Spedition in Pforzheim.

Markus Kunz

 

Weitere Beiträge