Hochschulkooperationen zwischen der Republik Kasachstan und der Bundesrepublik Deutschland

Vorbildcharakter wissenschaftlicher Zusammenarbeit:

Hochschulkooperationen zwischen der Republik Kasachstan und der Bundesrepublik Deutschland zur Ausbildung hochqualifizierter Fachkräfte

Text/ Fotos: Christian Grosse

In der Botschaft der Republik Kasachstan in der Bundesrepublik Deutschland fand ein hochrangiges Treffen von Universtitätsprofessoren unterschiedlicher Fachbereiche aus Deutschland und Kasachstan statt. Anwesend waren unter anderem: S. E. Nurlan Onzhanov, Botschafter der Republik Kasachstan in Deutschland, Berik Achmetow – Präsident Yessenov-University, Prof. Dr. Wolrad Rommel – Präsident DKU (Deutsch – Kasachische Universität in Almaty), Barbara Janusz-Pawletta – Vize-Präsidentin DKU, Prof. Dr. Rainer Sawatzki – HAW Hamburg (Leiter des neuen Institutes), Aigul Gusmanowa – Yessenov-University, Aigul Dossymbekowa – Yessenov-University, Rustem Akimow – Yessenov-University und andere. Auch der Liberale Mittelstand Berlin wurde eingeladen.   

Hintergrund des hochrangigen Treffens ist die Eröffnung des Deutschen Instituts für Ingenieurwissenschaften in der westkasachischen Hafenstadt Aktau an der Yessenov Universität im September 2023.  

Die 1976 gegründete Universität, damals noch „Allgemeine Technische Fakultät des Kasachischen Polytechnischen Instituts, benannt nach W.I. Lenin“, ist heute die größte moderne Universität in der Region, die die staatliche Zertifizierung und Akkreditierung bestanden hat. Die nach S. Jessenow benannte Kaspische Universität für Technologie und Ingenieurwesen ist das wichtigste Zentrum für Bildung und Erziehung, Wissenschaft und Kultur in der Region. Die Universität bildet Fachleute für die Öl- und Gasindustrie, den Straßenverkehr, den Maschinenbau sowie für Pädagogik, Recht, Wirtschaft, Informationssysteme, Normung, Finanzen, Geologie, Ökologie, Wärmeenergietechnik und Bauwesen aus.

Die Yessenov Universität wird unter anderem Fachkräfte, für das von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock während ihres Kasachstanbesuchs im Oktober 2022 angekündigte Büro für Wasserstoffdiplomatie, genannt H2Diplo, in Kasachstan ausbilden.

Ziele von H2Diplo

Kern des Projekts sind die Wasserstoffdiplomatiebüros in den Partnerländern, die eng mit den jeweiligen Außen- und Energieministerien und anderen Stakeholdern zusammenarbeiten, unter Einbeziehung der jeweiligen deutschen Botschaften vor Ort.

Zu den Projektzielen gehört, insbesondere Export- und Transitändern fossiler Energieträger wie Erdgas und Erdöl, Optionen für eine dekarbonisierte Energie- exportwirtschaft aufzuzeigen. Dafür bestehen bisher Partnerschaften mit Nigeria, Angola, Saudi-Arabien, Kasachstan und der Ukraine.

Die Wasserstoffdiplomatie des Auswärtigen Amtes trägt nicht nur zum inter- nationalen Klimaschutz, sondern auch zur Energie- und Versorgungssicherheit der Europäischen Union (EU) und der Bundesrepublik Deutschland bei. Die Zusammenarbeit ist abgestimmt auf die Bedürfnisse der jeweiligen Partner- länder.

Dabei stehen sowohl energiepolitische als auch geopolitische und volkswirt- schaftliche Aspekte im Vordergrund, um eine zukunftsfähige Wirtschaftsent- wicklung in den Partnerländern zu befördern. Der kooperative Ansatz bei der Transformation des globalen Energiesystems leistet damit auch einen Beitrag zur Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit. Insgesamt pflegen die Wasserstoffdiplomatiebüros eine Partnerschaft zur Bewertung und Darstellung der Potenziale für grünen Wasserstoff.

Forschungszusammenarbeit durch Universitätsnetzwerke

Ausgangspunkt der gesamten Initiative war die große Nachfrage der deutschen Wirtschaft nach Fachkräften in Kasachstan. An dem Konsortium beteiligt sind unterschiedlichste Universitäten wie die Deutsch-Kasachische Universität (DKU) in Almaty, die Yessenov University in Aktau, die Universität Hamburg, die Tech- nische Universität Berlin, die Hochschule Anhalt, die Technische Universität Wildau, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, die Freie Universität Berlin sowie die Technische Universität Darmstadt.

Unterstützt wird das Deutsche Institut für Ingenieurwissenschaften vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Ministerium für Wissenschaft und Hochschulwesen der Republik Kasachstan.

Die Deutsch-Kasachische Universität in Almaty (DKU) wurde 1999 im Rahmen einer privaten Initiative gegründet, um Fachkräfte nach deutschem Standard auszubilden. Die Universität arbeitet auf der Grundlage des Regierungsabkommens zwischen der Republik Kasachstan und der Bundesrepublik Deutschland über die kulturelle Zusammenarbeit, das am 03. September 2008 in Astana geschlossen und am 15. Juli 2010 ratifiziert wurde.

Die DKU ist eine internationale Universität, die Fachkräfte mit Kenntnissen in zwei Fremdsprachen ausbildet, die die Vorteile der deutschen Bildung für ihre Karriere und intellektuelle Weiterentwicklung nutzen können. Durch den Transfer von Bildung und Wissenschaft leistet die DKU einen Beitrag zur nach- haltigen Entwicklung Zentralasiens und zur Stärkung der wissenschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit zwischen Kasachstan und Deutschland.

Bis heute ist die DKU die einzige deutsche Universität in Kasachstan und Zentralasien.

Für das erste Studienjahr 2023/2024 sind zwei Studiengänge für je 30 Studierende geplant. „Energie- und Umwelttechnik“ sowie „Transportlogistik“ umfassen je neun Semester, davon zwei an der DKU und drei an führenden Universitäten in Deutschland.

Insgesamt sind acht Bachelorstudiengänge und sechs Masterstudiengänge geplant.

Bachelorstudiengänge:

1. Energie- und Umwelttechnik

2. Transportlogistik

3. Verfahrenstechnik

4. Informatik

5. Elektrotechnik

6. Systemtechnik

7. Mechatronik

8. Industrielles Management

Masterstudiengänge:

1. Nachhaltige Mobilität und Logistik

2. Wasserumgebung und Technologien

3. Erneuerbare Energiesysteme

4. Erdsystemwissenschaften

5. Nachhaltige Technik

6. Datenmanagement und künstliche Intelligenz

In seiner Eröffnungsrede verwies der Botschafter auf die bisherigen Erfolge beider Länder hinsichtlich wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Hinweis, dass nicht nur im Bereich der Politik und der Wirtschaft, sondern auch im Bereich der Bildung und der Wissenschaft eng zusammengearbeitet wird. Bisher wurden 94 Kooperationsdokumente zwischen den Universitäten beider Länder zusammengestellt.

v.l.n.r.: S.E. Nurlan Onzhanov, Botschafter der Republik Kasachstan in Deutschland, Berik Achmetow, Präsident Yessenov-University, Prof. Dr. Wolrad Rommel – Präsident DKU (Deutsch–Kasachische Universität)

Das Bolashak-Stipendium

Die Kooperationen der Universitäten ermöglichen es kasachischen Studenten im Rahmen des Bolashak-Stipendiums (Bolashak International Scholarship) zu studieren. Das Bolashak-Programm ist ein Stipendium für leistungsstarke Studierende aus Kasachstan, die im Ausland studieren wollen. Sämtliche Kosten werden vom Staat getragen, vorausgesetzt, sie kehren nach ihrem Abschluss nach Kasachstan zurück, um dort mindestens fünf Jahre lang zu arbeiten.

Seit seiner Einführung im Jahr 1993 haben mehr als 10 000 Studierende das Stipendium erhalten. Die meisten dieser Studenten reisen zum Studium in die Vereinigten Staaten, aber auch in andere Länder der Welt. Das Wort „Bolashak“ wird mit „Zukunft“ übersetzt. Es wurde 1993 vom ersten Präsidenten Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, ins Leben gerufen.

Mit der Möglichkeit ein solches Stipendium zu erhalten, erlaubt es jungen Menschen in Kasachstan sich nach deutschen und europäischen Standards ausbilden zu lassen. Die Ausbildung qualifizierter Fachkräfte, insbesondere in den Bereichen Energie, Logistik, Umweltschutz und Informationstechnologie, ist somit auch ein strategisch wichtiger Faktor für beide Länder.

Berliner Eurasischer Club

Des Weiteren verwies der Botschafter auf den 16. Mai 2023. In Astana findet die 37. Sitzung des „Berliner Eurasischen Clubs“ (BEK) statt, zu der unter anderem Gäste aus Ministerien sowie aus dem Hochschul- und Wissenschafts- bereich eingeladen wurden. Mit Unterstützung, u.a. des Ost- Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, heißt das Thema: Technische Hochschulbildung und Fachausbildung.

Am 23. April 2012 hatte der damalige Botschafter der Republik Kasachstan, S.E. Nurlan Onzhanov und Alexander Rahr, Leiter des „Berthold-Beitz-Zentrums“ in der DGAP (Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik), in die Berliner Botschaft von Kasachstan geladen. Der BEK war während des Staatsbesuches des ersten kasachischen Staatspräsidenten, Nursultan Nasarbajew, am 07. Februar 2012 ins Leben gerufen worden.

Das Ziel des BEK ist es interessierten Politikern und Experten aus Deutschland und der EU eine exklusive Dialogplattform mit Staaten des Eurasischen Wirt- schaftsraumes, der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft und zentral- asiatischen Staaten zu bieten. Unter anderem wurde die Gründung des BEK vom damaligen Bundesaußenminister, Hans-Dietrich Genscher, unterstützt.

Mit Hinweis, dass Kasachstan Deutschlands führender Wirtschaftspartner ist, so erreichte das wirtschaftliche bilaterale Handelsvolumen in 2022 fast € 10 Mrd. und umfasst 90% Wirtschaftswachstum zu 2021, muss der Bereich der Bildung, der dualen Ausbildung und Hochschulausbildung verstärkt werden. Zwischen Kasachstan und Deutschland bestehen beste Voraussetzungen für Kooperationen.  

Konferenzatmosphäre

Berik Achmetow, Präsident der Yessenov-University, verwies in seinen Ausführungen ebenfalls auf die bereits bestehenden hervorragenden Kooperationen im Universitätsbereich zwischen Deutschland und Kasachstan. Gleichzeitig zeigte er auf, dass die Region Aktau hervorragend dazu geeignet ist, den Wirtschaftsstandort zukunftsträchtig zu gestalten.

Prof. Dr. Wolrad Rommel, Präsident der DKU (Deutsch Kasachische Universität in Almaty) geht einen ganz neuen Weg. Die aktuelle Kooperation ist ein neuer Schritt in der Wissenschaftskooperation zwischen Deutschland und Kasachstan. Aus deutscher Sicht und Wissenschaftssicht hat Kasachstan eine viel größere Bedeutung für Deutschland und Europa erlangt, als in der Vergangenheit. Dies hat unter anderem auch mit der neuen geopolitischen Situation zu tun.

Man hat Kasachstan immer noch als alten Teil der ehemaligen Sowjetunion verstanden, doch dies ändert sich gerade. Denn Kasachstan nimmt in Zentralasien an Bedeutung zu, was mittlerweile auch in Deutschland und in Europa bemerkt wird.

Die Projekte der DKU im Ausland werden rein als Kooperationsprojekte betrachtet. Und nicht, wie im angelsächsischen Raum, wo Filialen eröffnet werden, um auch damit Geld zu verdienen. Die Zusammenarbeit erfolgt rein auf gegenseitiger Wissenschaftskooperation. Dafür steht das Projekt mit der Yessenev Unitversität. Es ist ein kooperatives Projekt. Dies bedeutet, dass beide Seiten voneinander lernen. Es müssen die Kulturen verstanden werden, aber auch die Arbeitsweisen, die Sprache. Dies alles, gemeinsame Strukturen aufzubauen und einander zu verstehen, muss zusammengeführt werden. Was aus Wissenschaftsseite eine große Herausforderung ist.

Prof. Dr. W. Rommel, Präsident der DKU, Deutsch Kasachische Universität

In seinen weiteren Ausführungen verwies Prof. Rommel auf die enge Zusammenarbeit in der Region West-Kasachstan mit Unternehmen und der Industrie. Nur in Kooperation miteinander können Innovationsprozesse in die Wege geleitet werden.

West-Kasachstan wird sich, so Prof. Dr. Rommel, zukünftig sehr gut entwickeln. Dazu bedarf es einer starken regionalen Universität wie der Yessenov- Universität. Das Ziel ist es ein Dreieck aus Innovation, Bildung und Forschung aufzubauen, um in völlig neue Dimensionen der wissenschaftlichen Kooperation zusammenzuarbeiten. Dazu müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden. Und um erfolgreich zu sein, müssen zudem unterschiedlichste Fachdisziplinen mit unterschiedlichsten Entscheidungsträgern alle an einem Tisch sitzen, gemeinsam die vielen Herausforderungen angehen und Lösungsansätze präsentieren.

Weitere Beiträge

Fachkräftemangel bekämpfen – Digitale Arbeitsverträge ermöglichen!

In einer Zeit, in der Digitalisierung voranschreiten sollte, verlangt das deutsche Arbeitsrecht Arbeitsverträge in Papierform. Der Liberale Mittelstand setzt sich für eine Anpassung des Nachweisgesetzes ein, um digitale Verträge zu ermöglichen. Lesen Sie unseren vollständigen Bericht über die Herausforderungen und unsere Lösungsansätze

Weiterlesen »